
Als relativ junges Bündnis „Berlin gegen Gentrifizierung“ haben wir uns erst im Juli dieses Jahres gegründet. Die Ursache war die zunehmende Gentrifizierung des Lasker- und des Rudolfkiezes und die massive Unterstützung dieser Prozesse durch den regierenden Schwarz-roten Senat. So wurden in den letzten Monaten durch die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen gleich mehrere Luxusbauprojekte sogar gegen den Willen des Bezirks an sich gezogen und somit durchgedrückt./So hat die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen in den letzten Monaten dem Bezirk für gleich mehrere Luxusbauprojekte, gegen die sich der Bezirk zuvor ausgesprochen hatte, die Zuständigkeit entzogen.
Die Projekte, um die es konkret geht, wollen wir euch im Folgenden beschreiben:
Atrium Development Group – Hochhaus an der Rudolfstraße 18/19:
Hier wird ein Gigantisches Hochhaus geplant. Es wäre mit 167m Höhe nach dem Estreltower das zweithöchste Haus der Stadt. Der Senat und der Investor versuchen das Hochhaus damit zu rechtfertigen, dass dort auch Sozialwohnungen entstehen. Diese befinden sich alle im Sockel des Gebäudes und nehmen insgesamt nur lächerliche 24% der Fläche ein. Hinzu kommen ein Hotel und ein Wolkenkratzer voll mit Luxuswohnungen, für die es in Friedrichshain keinen Bedarf gibt.
Der Senat versucht Alles, um das Verfahren zu beschleunigen, an dessen Ende ein fertiger Bebauungsplan stehen soll. Darum ist zu erwarten, dass Beteiligungen der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange, soweit das verwaltungsrechtlich irgendwie möglich ist, weggekürzt werden.
Anschutz Entertainment Group: The Hub – Hochhausturm an/über der Warschauer Straße:
Das Hochhaus der AEG „The Hub“ ist ein Bürohochhaus dessen Planung zuletzt 120m Höhe vorsah. Es soll auf dem Grundstück errichtet werden über welchem derzeit die Fußgängerbrücke zwischen U- und S-Bahnhof verläuft. Es läge unmittelbar auf der anderen Straßenseite des Edge-Towers (Amazon-Tower).
Im unteren Teil des Gebäudes ist ein Mobility-Hub vorgesehen, das heißt unterschiedliche Modi des Verkehrs sollen dort einen Raum bekommen. Unteranderem eine Verlängerung der U-Bahn bis zum S-Bahnhof Warschauer Straße.
Glücklicherweise fand das Baukollegium klare Worte gegen das Hochhaus. Es hieß, es sei nicht der richtige Weg mit der komplexen Situation dort umzugehen.
Trockland: Lynx – Hotel- und Büroprojekt unmittelbar neben dem Grundstück der ehemaligen „Zukunft am Ostkreuz“ in der Laskerstraße 5: Hier möchte der umstrittene Konzern Trockland ein sogenanntes „Zwillingsprojekt“ errichten. Ein Büro unter dem Namen „WORK“ (4.154 m²) und ein Hotel mit dem Namen „STAY“ (4.676 m²). Rückhalt gibt es keinen. Weder aus der Nachbarschaft, noch vom Bezirk, der das Projekt im vergangenen Jahr in der Form ablehnte.
Seit Gründung des Bündnisses waren wir alles andere als untätig und haben unter anderem in folgenden Veranstaltungen gegen die weitere Gentrifizierung unserer Kieze protestiert:
21.07.2025 Pressemitteilung zu den „Spreewiesn Berlin“ Protest gegen die geplante Oktoberfest-Kopie „Spreewiesn“ in der Laskerstraße / Markgrafendamm.
–> Mit Erfolg: Die „Spreewiesn“ Berlin konnten mit viel Druck erfolgreich aus dem Kiez verdrängt werden. Die Aktion hat mit Sicherheit auch eine Strahlkraft auf die Eigentümer des Grundstücks, das Unternehmen Trockland, die dort in Zukunft ihr Hotel- und Büroprojekt bauen möchten. Den Veranstalter der Spreewiesn Berlin kostete sein Versuch laut einem Zeitungsartikel, in dem er sich weinerlich über die Aktionen beschwerte, rund 60.000 Euro. Ein durchaus angemessenes Lehrgeld.
14.08.2025 Aktion vor SPD-Landesgeschäftsstelle (Müllerstraße 136) Lautstarker Protest gegen Hochhaus-/Luxusprojekte, da die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen die kritisierten Prokjekte an Bezirk und Bewohner*innen vorbei durchsetzen möchte.
05.09.2025 Info- und Diskussionsveranstaltung im Club ://about blank (Markgrafendamm 24c) Einladung zu Input & Diskussion über geplante Bauvorhaben, anschl. Austausch und Kulturprogramm.
11.10.2025 Demonstration „Weder Büros noch Hotels oder Kommerz-Tower! Der Kiez hat genug!“ Demonstration ab S+U Warschauer Strasse durch Friedrichshain gegen Hochhaus-/Hotelprojekte (u.a. „The Hub“, Projekte von Atrium Development Group).
Mit rund 200 Nachbar*innen haben wir im Rahmen einer Demonstration ein deutliches Zeichen setzen können.
16.10.2025 Kundgebung „Solidarische Nachbarschaften statt Investorenträume“ (Rotherstraße 8) Protest gegen informellen Investor*innen-Infotermin im Kiez und mangelnde Beteiligung der Öffentlichkeit.
28.10.2025 Kundgebung „Solidarische Nachbarschaften statt Hochhäuser – Kundgebung, Protest & Diskussion“ (Narva-Turm, Rotherstraße 11) – Protest gegen Scheinbeteiligung von Anwohner*innen im Rahmen des Baus des Hochhauses der Atrium Development Group
Am umtriebigsten von diesen Bauprojekten beweist sich bis dato der Tower der Atrium Development Group. Gleich zwei Veranstaltungen dieses Unternehmens fanden in den vergangenen zwei Wochen innerhalb unserer Kieze statt, bei denen wir relativ kurzfristig einen starken Gegenprotest aus der Nachbarschaft heraus organisieren konnten.
Am 16.10.25 hatte die Atrium (unter der Hand) in die Räumlichkeiten der Rotherstraße 8 geladen, um dort mit anderen Unternehmen im Kiez und mit Vereinen über ihr Projekt ins Gespräch zu kommen. Der Einladung folgten nur wenige. Vor Ort zu beobachten waren u.A. Vertreter*innen der Unternehmen Uni Elektro (Rudolfstraße 1 – 8), LAT Fernmelde-Montagen und Tiefbau GmbH (Modersohnstraße 36), Billard House (Rudolfstraße 4) und des Michelberger-Hotels (Warschauer Straße 39 – 40). Auch Vertreter des Kulturraums Zwingli-Kirche waren vor Ort.
Die Atrium reagierte überrascht auf unseren spontanen Protest, an dem sich nicht nur rund 70 Nachbar*innen, sondern auch ein Dinosaurier beteiligten. Vor Ort gab es starke und laute Redebeiträge und auf der gegenüberliegenden Seite strömten immer wieder Gäste des Treffens zum Fenster, um die wütende Kundgebung zu bestaunen. Wurden sie aus der Kundgebung heraus angesprochen, verschwanden sie aber lieber direkt wieder in dem schlecht besuchten Konferenzraum.
Wenige Tage später, am 28. Oktober 2025, sollte der Investor sein von wenig Erfolg gekröntes Bestreben, sich Unterstützer*innen in der Nachbarschaft zu suchen, fortsetzen.
Im 15. Obergeschoss des Narva‑Turms (Rotherstraße 11, Berlin‑Friedrichshain) organisierte die Atrium ein Bürgerforum zur geplanten Bebauung des Grundstücks Rudolfstraße 17–19. Die Informationsveranstaltung war von 17:30 bis 20:30 Uhr angesetzt. Geladen waren neben den Architekt*innen auch Petra Kahlfeldt (Senatsbaudirektorin) und Alexander Slotty (SPD), die nach Leibeskräften versuchten den anwesenden Anwohner*innen das Projekt schmackhaft zu machen. Das misslang auf ganzer Linie. Einen Haufen Kot kann man den Leuten auch dann nicht schmackhafter machen, wenn man ihn mit vielen wohlklingenden Worten wie „Beteiligung, Freiflächen, Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Vielfalt“ verkleidet. Das ist kein Witz! All diese Worte fanden sich tatsächlich im Rahmen der Vorträge und der aufgehängten Plakate. Zudem wird die Beteiligung der Öffentlichkeit seitens des Senats auf ein absolutes Minimum beschränkt. Der öffentliche Zugang zu Freiflächen wird gegenüber der Planung des Rudolfbandes reduziert. Der Bau von Wolkenkratzern ist die wahrscheinlich ressourcen- und energieverschwendenste Bauweise.
Zum Glück gingen die Nachbar*innen nicht den dreisten Lügengebilden der Atrium und ihren Helfer*innen auf den Leim, sondern protestierten zunächst lautstark vor dem Gebäude auf einer kleinen Kundgebung und im Anschluss dann auch während der Veranstaltung.
Beim Betreten des Narva‑Turms war die Sicherheitspräsenz auffällig. Polizeifahrzeuge standen entlang des Weges zum Aufzug, und uniformierte sowie private Sicherheitskräfte kontrollierten den Zugang. Die Veranstaltung fand in einer leer stehenden Büroetage im 15. OG statt. Diese massive Kontrolle wirkte auf viele Besucher*innen einschüchternd und verstärkte das Misstrauen gegenüber dem Veranstalter.
Schon zu Beginn der Veranstaltung kam es zu lautstarken Zwischenrufen. Viele Anwesende machten deutlich, dass sie die geplante Struktur der Veranstaltung nicht akzeptieren wollten. Die Atmosphäre erinnerte eher an eine Demonstration als an ein offenes Bürgergespräch. Immer wieder gab es Pöbeleien und Zwischenrufe, die Veranstaltenden, allen voran der Moderator Herr Spender, reagierten ungehalten. Sie liefen aufgekratzt hin- und her, verteilten oberlehrerhaft gelbe und rote Karten und ließen im Verlauf der Veranstaltung eine Frau gewaltsam von Securitys und unter lauten Protesten der Anwesenden aus dem Raum entfernen.
Die Atrium Development Group hatte einen Ablauf vorgesehen, in dem zunächst ein langer Vortrag über das Projekt gehalten werden sollte. Nach einer Pause wollten die Veranstalter die Teilnehmenden in Kleingruppen aufteilen, um dort Fragen zu beantworten. Dieser Plan stieß auf heftigen Widerstand: das Publikum verlangte, sofort Fragen stellen zu können und die Diskussion nicht in kleine Runden zu zerschlagen. Immer wieder kam es zu Zwischenrufen und Störungen, um eine offene Diskussion zu erzwingen.
Mit Erfolg: Nach der Eskalation wurde der Ablauf geändert. Es wurde entschieden, sofort in eine öffentliche Fragerunde überzugehen. In den folgenden Stunden mussten sich die Atrium Development Group, sowie Petra Kahlfeldt und Alexander Slotty den wütendenen Beiträgen und kritischen Fragen des Publikums stellen. Sie gaben mehr schlecht als recht unbefriedigende Antworten. Erfreulich war, dass sich die Wut der Teilnehmenden vor Allem bei den anwesenden Senatsvertreter*innen entlud. Der Chef der Atrium, Amir Abadayev, ließ es sich zwar nicht nehmen ab und zu sein Projekt zu verteidigen, musste am Schluss aber ganz klar zugeben, dass im Turm keine einzige „Sozialwohnung“ entstehen werde. Damit bewies er als einer der wenigen Veranstaltenden dieser Farce von öffentlicher Beteiligung erheblich mehr Rückgrat als die Senatsvertreter*innen. Wir wollen an dieser Stelle mit Sicherheit keinen Kapitalisten loben, möchten aber auch darauf hinweisen, dass es sich bei der Atrium letztendlich nur um ein austauschbares Unternehmen handelt, das nun mal streng nach den kapitalistischen Marktlogiken agiert und deren Ziel es ist, maximalen Profit zu erwirtschaften.
Nach knapp 4 Stunden endete der Wahnsinn. Alle Anwesenden waren erschöpft, die Argumente ausgetauscht und es stand fest: Dieser Bau wird kein leichter sein.
Zurecht wurde das rücksichtslose und rabiate Agieren der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen als eine „soziale Kampfansage“ an den Kiez betitelt. Im nächsten Jahr finden AGH-Wahlen in Berlin statt und der Senat wird versuchen das Projekt und den Bebauungsplan so schnell es geht umzusetzen. Es steht zu erwarten, dass nächstes Jahr andere Parteien in Berlin den Ton angeben werden, was dem Projekt den Garaus machen könnte – genau hierauf setzen wir als Bündnis und werden den Verantwortlichen weiterhin Sand ins Getriebe streuen.
Unterstützt uns bei unseren weiteren Protesten – wir sind die Nachbar*innen des Rudolf- und des Laskerkiez und wir werden auf keinen Fall zulassen, dass unsere Nachbarschaften weiterhin durch rücksichtlose Stadtentwicklungspolitik verschandelt werden.
Wir haben viele weitere Aktionen und Ideen in Planung. Hier in unseren Kiezen zeigt sich eine beispielhafte Entwicklung, bei deren Bekämpfung wir auch auf Aktivist*innen aus anderen Stadtteilen angewiesen sind. Ein heißer Herbst beginnt, aber wir wollen auch im Winter und im kommenden Jahr der Gentrifizierung den Kampf ansagen. Danke an alle Nachbar*innen die sich beteiligt haben.
Wir fordern eine Stadt von unten!







